von Gregor Hugenroth
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16 Juni, 2024
Mit Entschließung des Bundesrates vom 14.6.2024, Drucksache 263/24 (Beschluss), hat der Bundesrat in seiner 1045. Sitzung am 14. Juni 2024 um die zeitnahe Einleitung weiterer Schritte des Gesetzgebungsverfahrens hinsichtlich der vom Bundesinnenministerium Anfang 2023 angekündigten Novelle des Waffenrechts gebeten. Link: https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2024/0201-0300/263-24(B).pdf?__blob=publicationFile&v=1 Der Bundestag beabsichtigt, weiterreichende Maßnahmen im Umgang mit Waffen und Messern der Öffentlichkeit zu erreichen. Folgende Vorschläge sollen hierfür insbesondere geprüft werden: A. Regelung eines generellen Umgangsverbotes für Springmesser B. Ausweitung des Führensverbots auf Messer mit feststehender Klinge schon ab 6 cm Klingenslänge C. Regelung eines allgemeinen Führensverbotes von Waffen im Sinne des Waffengesetzes insbesondere in Zügen und Fahrzeugen des öffentlichen Personenverkehrs sowie dessen baulich umschlossenen Einrichtungen, soweit die Waffen nicht in einem verschlossenen Behältnis mitgeführt werden. D. Regelung eines generellen Umgangsverbotes von Kampfmessern, Dolchen und ähnlichen Messern Die Ausweitung des für Verbotes des Führens auf Messer mit feststehender Klinge schon ab 6 cm Klingenlänge wird damit begründet, dass auch Messer, mit unter 12 cm Klingenlänge zu tödlichen Verletzungen führen können. Die Aufnahme von Kampfmessern, Dolchen und gleichartigen Messern als verbotene Waffen in Abschnitt 1.4. zu Anlage 2 des Waffengesetzes soll die freie Verkäuflichkeit dieser Messer unterbinden. Von diesen Waffen würde eine erhebliche Gefahr ausgehen. Ausnahmen für Erwerb, Besitz und Führen durch Jäger oder zum Zweck der Berufsausübung könnten indes vorgesehen werden, wenn denn die Nutzung einer solchen Waffe für die Jagd oder die berufliche Tätigkeit notwendig ist. Die Erbringung eines Nachweises zum berechtigten Erwerb könnte dafür etwa durch Vorlage eines Jagdscheins erfolgen oder durch den geeigneten Nachweis der beruflichen Tätigkeit. Meinung: Dem Bundesrat ist vorzuhalten, dass hier in ganz bewusster Missachtung der unmittelbaren Konsequenzen unzweckmäßige Forderungen zur Verschärfung (kein Wortspiel des Verfassers) des Waffenrechts in den Raum geworfen werden. Es ist bemerkenswert, dass man sich dort nach den Erfahrungen aus dem Verbot (zuvor erlaubnisfrei erwerbbarer) großer Magazine mit diesem Ansatz ernstlich eine gesetzliche und behördliche Arbeitserleichterung erhofft. Allein das Aufgabenfeld „Springmesser, Kampfmesser, Dolche und gleichartige Messer“ kann im Falle seiner Umsetzung die zuständigen Waffenbehörden für die nächsten Jahre absehbar mit deren Erfassung/Einordnung in Vollzeit auslasten. Es bleibt dann natürlich abzuwarten, ob die Welt sicherer wird, wenn die bislang schon teilweise sehr gut ausgelasteten Fachbehörden dann sehenden Auges in einen disfunktionalen Überlastungsstatus versetzt werden. Die jüngsten medienrelevanten Straftaten mit Messern liefern jedenfalls keinen Hinweis darauf, dass die dortigen Täter durch ein derartiges Verbot von ihrer Tat abgehalten worden wären. Diese Überlegung zur Auswirkung gilt in ähnlicher Form für die erwartbaren Fragen, Wünsche, Sorgen und Anträge von Jägern, Treibern, Anglern, Pfadfindern, Marktbeschickern, Köchen und Bahnhofsbäckern. Deren Messer mit 7-12 cm Klingenlänge sollen schließlich u.U. voll justiziable Einzelentscheidungen eines noch nicht sauer abgrenzten "berechtigten Interesses" werden. Der Waldkindergartenausflug als waffenrechtliches Risiko wegen der Länge des mitgenommenen Picknic-Materials? Der nichtberuflich betriebene Kuchenstand des städtischen Sportvereins auf dem örtlichen Bauernmarkt: Bald ein No-Go für alle Ehrenamtler oder doch die Vereins-WBK fürs Brotmesser? Die praktischen Erfahrungen mit § 42a WaffG zeigen doch schon jetzt recht eindrucksvoll, wie praktisch unhandlich die Idee der offenen Rechtfertigungsgründe eines „berechtigten Interesses“ bei den unsittlichen Einhandmessern sind. Es wird nicht besser, wenn man die Tatbestandsseite dieser ohnehin schon verfassungsrechtlich fragwürdigen Norm weiter aufbohrt. Die selbe Überlegung gilt für die berühmt-berüchtigten Messerverbotszonen. Ein regional unterschiedliches Patchwork-Waffenrecht ist absehbar nichts anderes als eine überregionale Rechtsunsicherheit für jeden Auswärtigen. Wie derartige Vorschläge den davon betroffenen Wählern munden, bleibt abzuwarten. Ziemlich sicher werden von diesem Vorstoß vor allem jene Parteien profitieren, die sich mit der nötigen Schärfe (wieder 5 € ins Phrasenschwein) gegen eine derartige Regelung positionieren können. Für diesen gedanklichen Ansatz wird es sicherlich von den Betroffenen keine Gummipunkte in Sachen Bürgerfreundlichkeit und Bürokratieabbau geben. Es gibt Gründe dafür, warum Frau Faesers bisheriger Entwurf einer Verschärfung bislang nicht weiter gediehen ist. Mit dem jetzigen Ansatz „viel hilf viel - mehr hilft noch mehr“ wird ein ohnehin unbestritten verbasteltes Gesetz keineswegs effektiver, funktionaler oder handhabungsfreundlicher. Und dieser Umstand scheint schon jetzt den Adressaten deutlich bewusster als einigen Akteuren der Legislative.